Aktuelle Regelungen für die Beschäftigung von Praktikanten und Werkstudenten seit Start des Mindestlohns.
Text Dr. Sabrina Nöhmer, LL.M., Rechtsanwältin und Wirtschaftsjuristin, Senior Legal Publishing Manager bei SmartLaw, dem Experten für individuelle, rechtssichere Verträge und Rechtsdokumente im Internet.
Viele machen es. Viele zukünftige Gründer schätzen es sogar als den wertvollsten Input, den sie während des Studiums bekommen haben: Das Praktikum oder die Arbeit als Werkstudent. Und von der Seite der Arbeitgeber betrachtet? Lohnt es sich noch, Studenten einzustellen? Billige Arbeitskräfte sind sie spätestens seit dem Start des Mindestlohns im Januar 2015 ganz offiziell in vielen Fällen nicht mehr. Trotzdem kann die Einstellung von Werkstudenten und Praktikanten für Arbeitgeber erhebliche Vorteile bringen. Für viele Unternehmen ist es die erste Möglichkeit, die besten Absolventen auf sich aufmerksam zu machen und sich potentielle zukünftige Mitarbeiter heranzuziehen.
Aber wer ist eigentlich Praktikant und wer Werkstudent? Wann lohnt sich welches Modell mehr für den Arbeitgeber?
Wer ist Werkstudent?
Werkstudenten sind Studenten, die neben dem Studium maximal 20 Stunden in der Woche arbeiten, wobei es Unterschiede in der zulässigen Stundenzahl zwischen Vorlesungszeit und Semesterferien gibt. So spielt in der vorlesungsfreien Zeit die Stundenzahl keine Rolle und es muss sozialversicherungsrechtlich kein konkreter Bezug zum Studium bestehen.
Ein Werkstudent muss grundsätzlich an einer Hochschule eingeschrieben sein und das Studium sollte im Vordergrund stehen. Allerdings wird nicht jede Studienform für den Status „Werkstudent“ anerkannt. Zu den nicht zulässigen Studienformen zählen unter anderem ein Fernstudium, ein Zweit- oder Teilzeitstudium oder eine Promotion. Das gilt ebenso für studienähnliche Verhältnisse wie für Schüler, Praktikanten oder Arbeitnehmer in einer beruflichen Weiterbildung.
Deswegen muss bevor ein Arbeitsvertrag für einen Werkstudenten verfasst und unterzeichnet wird, geklärt werden, ob der Status „Werkstudent“ auch zutrifft. „Falsche Werkstudenten“ können Unternehmen aber auch Angestellten viel Ärger vor den Arbeits- und Sozialgerichten einbringen und hohe Nachzahlungen und Kosten nach sich ziehen. Doch in vielen Fällen besteht bei fehlerhaften Angaben und Vertragsinhalten gar keine Täuschungsabsicht. Oft liegt die Ursache in mangelnder Kenntnis der Rechtslage.
Wichtig zu beachten: Der seit dem 01. Januar 2015 gültige Mindestlohn muss auch an beschäftigte Studenten und Werkstudenten gezahlt werden.
Ist das Arbeitsverhältnis des Studenten innerhalb von vier Jahren auf höchstens 70 Tage oder drei Monate pro Jahr befristet, dann bleibt der Student innerhalb dieser kurzfristigen Beschäftigung komplett sozialversicherungsfrei. Werkstudenten, also „ordentliche Studierende“, deren Fokus eindeutig auf ihrer Ausbildung/ ihrem Studium liegt, fallen zwar unter den Mindestlohn, jedoch bleiben sie aufgrund des Werkstudentenprivilegs unter bestimmten Voraussetzungen versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge zur Rentenversicherung sind dagegen einkommensabhängig zu bezahlen. Wenn der Arbeitgeber neben dem Gehalt auch die Studiengebühren zahlt, dürfen diese nicht als Einkommen behandelt werden und gelten nicht länger als sozialversicherungspflichtige Beiträge. Wer als Unternehmer keine unangenehme Überraschung erleben möchte, sollte darauf achten, dass bereits im Arbeitsvertrag eine maximale Arbeitszeit fixiert wird. Wird diese überschritten, entfällt das sogenannte Werkstudentenprivileg. Dann müsste der Arbeitgeber sämtliche Sozialversicherungsbeiträge (nach-)zahlen.
Wer ist Praktikant?
Praktikant ist, wer mit einem ordentlichen Vertrag versehen für eine begrenzte Zeit in ein Unternehmen kommt, um praktische Kenntnisse zu erwerben. Auch Praktikanten fallen übrigens grundsätzlich unter die Mindestlohnpflicht, jedoch können sich verschiedene Ausnahmen ergeben. Unterscheiden kann man dabei zwischen Pflicht-, Orientierungs- und freiwilligen Praktika.
Pflichtpraktika im Sinne des Mindestlohngesetzes sind alle Praktika, die im Rahmen einer Ausbildungs- oder Studienordnung absolviert werden müssen. Sie können auch mehr als drei Monate dauern, ohne unter die Mindestlohnregelung zu fallen.
Orientierungspraktika dienen der beruflichen Orientierung und werden vor dem Studium oder der Ausbildung absolviert. Sind sie bei einem Arbeitgeber auf drei Monate beschränkt, wird für den Praktikanten kein Mindestlohn fällig.
Freiwillige Praktika unterfallen nicht dem Mindestlohn, wenn sie begleitend zu einem Studium oder einer Berufsausbildung für maximal drei Monate bei einem Arbeitgeber absolviert werden. Dies gilt allerdings nur, wenn nicht bereits zuvor ein solches Praktikum in demselben Unternehmen absolviert wurde.
Wann lohnt sich welches Modell?
Grundsätzlich muss jeder Arbeitgeber wissen, wie lange er sich binden möchte und welche Ziele er mit der Einbindung von Werkstudenten und / oder Praktikanten in sein Unternehmen erreichen möchte. Möchte er junge Absolventen anziehen, die noch mitten im Studium stehen und nach Orientierung suchen? Will er vielleicht sein Employer Branding stärken und in die Ausbildung zukünftiger Mitarbeiter investieren? Für kurze Abschnitte von drei oder sechs Monaten immer wieder frischen Wind in die Abteilungen bringen? Dann ist vielleicht der Praktikant die richtige Wahl.
Oder geht es ihm eher darum, einen flexiblen Mitarbeiter über mehrere Jahre konstant zu binden und mit einem Werkstudenten auch einmal personelle Engpässe überwinden zu können? Auch wenn die finanzielle Lage noch nicht genug Planungssicherheit für neue Festeinstellungen hergibt, können studentische Aushilfen eine flexible Lösung sein, denn bereits nach einer gewissen Einarbeitungszeit können Werkstudenten auch aus Interesse an einer möglichen späteren Festanstellung eine hohe Arbeitsleistung erbringen. Egal für welche Variante man sich entscheidet, die Prüfung, ob der Kandidat auch wirklich ordentlicher Student ist und welche Regelungen auf ihn zutreffen, sollte ordnungsgemäß vor der Vertragsschließung erfolgen.
Über die Autorin:
Dr. Sabrina Nöhmer, LL.M., ist Rechtsanwältin und Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth). Als Senior Legal Publishing Manager bei SmartLaw ist sie unter anderem für das Arbeitsrecht zuständig.
Link zum Arbeitsvertragsfinder: https://www.smartlaw.de/arbeitsvertrag-erstellen
Über Smartlaw:
SmartLaw ist Experte für individuelle, rechtssichere Verträge und Rechtsdokumente im Internet. Der Online- Dienstleister wurde im Jahr 2012 gegründet und ist seit 2014 Teil des Geschäftsbereichs Business of Law der Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Zum Portfolio gehören unter anderem Arbeitsverträge, Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten, Testamente und Mietverträge. Die Dienstleistung von SmartLaw füllt die Lücke zwischen Mustervertrag und der Fachberatung von Anwälten. Sie ist mit dem Trusted-Shops-Siegel ausgezeichnet und im Datenschutz TÜV-zertifiziert. SmartLaw hat 45 Mitarbeiter an den Standorten Berlin, Köln, Mannheim und Münster. Weitere Informationen unter www.smartlaw.de