Tränen auf der Toilette: Ist die Startup-Kultur kaputt?

Mitarbeiter von Startups arbeiten länger, härter und oft mit größter Verbissenheit. Dafür zahlen sie jedoch nicht selten einen zu hohen Preis. – wo manche Träume zu Alpträumen werden, finden sich Menschen im Herzen einer Arbeitskultur mit viel Schatten im gleißenden Licht.

Arbeiten im Akkord, permanente Verfügbarkeit für jeden, der Ihren Namen aufruft, Feierabend als Fremdwort, längst hat die Debatte um eine Nachrichtensperre nach Dienstschluss Fahrt aufgenommen. Bereits vor Jahren begann VW Mails nicht mehr an die dienstlichen Accounts der meisten Mitarbeiter auszuliefern, sobald sie Feierabend hatten, doch in der Welt der Startups sind exzessive Arbeitszeiten nach wie vor weit verbreitet.

Um den Belastungen standhalten zu können, greifen Viele zur Flasche oder geraten in eine Drogenspirale. „Dampf ablassen“ nennen sie das, sagt Sarah Jane Coffrey im Gespräch mit dem Onlinemagazin Netzpiloten. Sie hat selbst lange in verschiedenen Startups gearbeitet und beobachtete teils verstörendes Verhalten. Wenn sich das ganze Team regelmäßig in einen Vollrausch trinke, deute das auf ernste Probleme hin.

Oft arbeitete Coffrey 60 Stunden die Woche und lag dennoch nachts wach, um auf Mails vom Team zu warten. Anfangs habe sie regelmäßig mehrmals die Woche auf der Toilette geweint, manchmal gab es einen konkreten Anlass, doch meist war schlicht der überwältigende Workload der Auslöser.

 

Ausgebrannt: Tabu-Thema Burnout

Die Neurologin Miriam Goos hat erforscht, was in Startups geschieht. Weil die Gründer und ihre Mitarbeiter sehr genau wissen, was sie wollen und wofür sie letztlich arbeiteten, setzen sich viele von ihnen unter immensen Erfolgsdruck. Verschlimmert werde diese Problematik durch die oft prekären Zustände in Unternehmen, die bei allem noch ganz am Anfang stehen, sagt Miriam Goos den Netzpiloten. Sie hat ein Startup gegründet, Stressfighter Experts, ein Unternehmen, das Burnoutprävention anbietet.

Das Tabu Burnout muss aus dem Schatten gezerrt werden, sagt sie. Auch wenn die ärgsten Auswüchse der Startupkultur wohl in den USA blühen, gebe es das Problem gewiss auch in Deutschland.